Die Vorpremiere der Großen Gewächse des VDP, Jahrgang 2013 – Ein wenig Erläuterung vorab

Für jene, die mit der Qualitätspyramide des VDP vertraut sind heißt es: bitte weitergehen und auf den nächsten Artikel warten. Hier geht es einigermaßen kurz und bündig um eine Erläuterung des Verbandes der Präsikatsweingüter und um die Frage: Was ist eigentlich ein Großes Gewächs? Denn letzten Montag und Dienstag fand die erste diesjährige Präsentation der Großen Gewächse des VDP, des Verbandes der Prädikatsweingüter statt und am 1. September kommen jene Weine auf den Markt, die die Qualitätsspitze des deutschen Weins bilden. Somit wird dann auch klar, welche Qualität ein Jahrgang nicht nur in der Breite der einzelne Weine sondern vor allem auch in der Spitze hat. Bevor ich ein persönliches Resumée der beiden Tage und der insgesamt 325 verkosteten Wein ziehe, will ich kurz erklären, worum es hier eigentlich geht.

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Copyright: VDP. Die Prädikatsweingüter

Was ist eigentlich der VDP?
Der VDP ist im Jahr 1971 aus dem Verband der Naturweinversteigerer hervorgegangen. Dieser wurde 1910 als Interessensverband von Winzern aus den Regionen Rheingau, Rheinhessen, Mosel und Rheinpfalz gegründet. Die Zeit vor dem ersten Weltkrieg war die Blütezeit des Deutschen Naturweins, jener Weine also, die ohne Zugabe weiterer Mittel erzeugt wurden. Der Verband, der damals vom einflussreichen Zentrumspolitiker Albert von Bruchhausen geführt wurde, hatte ein erhebliches politisches Gewicht, dass sich jedoch im Laufe der nächsten Jahrzehnte genauso verringerte wie der Ruf, den der Deutsche Wein weltweit vorher besessen hat. Als im Jahr 1967 der Begriff Natur aus dem deutschen Weingesetz gestrichen wird, ist das auch das Aus für den Verband, der sich mit geänderten Statuten schließlich 1971 als Verband der Prädikatsweingüter neu erfindet. 20 Jahre nach der Neugründung, eine Zeit, in der der deutsche Wein durch ein tiefes Tal der Tränen gewatet ist, beginnt auch im VDP eine neue Ära, die Qualität wieder, bzw. wieder viel deutlicher in den Vordergrund rückt. Der VDP sieht sich seitdem als Speerspitze des deutschen Weinbaus und die meisten Mitglieder gehören auch tatsächlich zur Spitze dessen, was es in Deutschland an Weinbau gibt. Seit 2007 werden Idee und Anspruch durch den Präsidenten Steffen Christmann repräsentiert, der selbst zu den besten Winzern dieses Landes zählt.

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Steffen Christmann, Copyright: VDP. Die Prädikatsweingüter

Klassifikationsstruktur des VDP
Neben den freiwilligen Maßnahmen zur Qualitätskontrolle und Selbstbeschränkung war eine der entscheidenden Änderungen die Klassifikationsstatur, der sich die Mitglieder unterworfen haben. Ich versuche es kurz skizzieren. Wichtig zu wissen dabei ist, dass dieses System, in dem sich die 202 VDP-Mitglieder bewegen zwar innerhalb des Verbandes bindend ist, nicht aber für die Vielzahl an Weingütern, die nicht in diesem Verband organisiert sind (ca. 80.000 Betriebe laut Wikipedia in 2012). Für die gilt lediglich das deutsche Weinrecht. Weil dieses aber vor allem auch im Ausland als sehr kompliziert wahrgenommen wird, hat der VDP versucht, ein System zu etablieren, dass schon aus Frankreich, namentlich aus dem Burgund bekannt ist. Die einzelnen Statute sind über ein knappes Jahrzehnt verhandelt worden und auch wenn es die Großen Gewächse seit jetzt zehn Jahren gibt, ist erst 2012 das gesamte System verabschiedet worden.

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Copyright: VDP. Die Prädikatsweingüter

VDP-Gutswein
Dieses System basiert auf einer Qualitätspyramide, deren Basis der Gutswein ist (Pendant im Burgund: Bourgogne). Diese Weine müssen zu mindestens 80% regionstypische Traubensorten enthalten und die Erntemenge darf 75hl/ha nicht überschreiten. Die Rebsorten werden auf dem Etikett ausgewiesen. Im Klartext ist dies die Basisqualität eines VDP-Weinguts, in der eine Cuvée der Ernte aller verschiedenen Lagen des Guts verwendet werden darf.

VDP-Ortswein
Die nächste Stufe ist der Ortswein (Pendant im Burgund: Bourgogne Village). Beim VDP-Ortswein gelten die gleichen Voraussetzungen für Rebsorten und Erträge wie beim Gutswein. Allerdings dürfen die reinsortig ausgebauten Weine nur aus den Lagen eines Ortes stammen. Viele Betriebe haben ja Lagen in unterschiedlichen Orten, diese dürfen in einem solchen Wein nicht mehr zusammenfließen sondern müssen getrennt abgefüllt werden. Stammt beispielsweise ein Riesling aus dem Pfälzer Ruppertsberg, heißt der Riesling Ruppertsberger Riesling 2013. Ist dieser Wein trocken, wird er als trocken bezeichnet. Hat er einen Süßegrad, wird dieser benannt (Dafür gelten die so genannten Prädikate Kabinett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese Trockenbeerenauslese, Eiswein).

VDP Erste Lage
Die dritte Stufe im Gefüge bildet die Erste Lage (Pendant im Burgund: Premier Cru). Die Weine mit einer solchen Bezeichnung dürfen ausschließlich aus Lagen stammen, die der VDP als erste Lage ausgewiesen hat. Diese Lagen kann das Weingut nicht einfach selbst bestimmen. Die Lagen werden von den jeweiligen Regionalverbänden bestimmt. Genauso wird festgelegt, welche Rebsorten typisch für eine solche Lage sind. Es kann also nicht plötzlich ein Chardonnay aus einer Lage stammen, die traditionell für Riesling steht. Die Ertragsmenge wird auf höchstens 60hl/ha festgelegt. Außerdem muss der Wein den Reifegrad einer Spätlese aufweisen. Um beim Beispiel Ruppertsberg zu bleiben, wäre eine korrekte Bezeichnung Ruppertsberger Hoheburg 2013, Riesling VDP. Erste Lage, Qualitätswein trocken. Die Erste Lage darf erst Ende April des Folgejahres in den Handel gebracht werden.

VDP Große Lage
Die Spitze dieser Pyramide bildet schließlich der Wein aus der Großen Lage (Pendant im Burgund: Grand Cru). Diese Lagen wurden von den Regionalverbänden des VDP bestimmt und basieren auf der jahrhundertelangen Erfahrung, dass diese parzellengenau abgestimmten Lagen die besten der jeweiligen Orte sind. Entsprechend lautet der Anspruch, dass die Weine hochwertiger sein sollen als die der ersten Lagen. Die Rahmenbedingungen dafür lauten: Ertragsbegrenzung auf 50hl/ha, Spätlesequalität, wobei normalerweise eher eine trockene Auslesequalität Standard ist. Auch wenn es restsüße Weine gibt, die dann aus der Großen Lage stammen, liegt der Fokus eindeutig auf trockenem Ausbau und nur dieser wird als Großes Gewächs bezeichnet. Weißweine werden ab dem 1. September des Folgejahres vermarktet, Rotweine müssen ein Jahr länger reifen. In Ruppertsberg beispielsweise heißt eine der großen Lagen Ruppertsberger Reiterpfad, dessen trockener Wein dann korrekt als Ruppertsberger Reiterpfad 2013, Riesling VDP Großes Gewächs bezeichnet wird. Die Bezeichnung trocken entfällt da ein Großes Gewächs immer trocken ausgebaut wird.

Dies sind also, vereinfacht gesagt, die Voraussetzungen des VDP (hier wird das noch mal ausführlicher erläutert) für die Erzeugung unterschiedlicher Qualitäten die vor allem Eines zum Ziel haben: die Herausarbeitung unterschiedlicher Terroirs (ich bezeichne Terroir als die Verknüpfung der einzelnen Lage und des Bodens mit dem individuellen Mikroklima und der Hand des Winzers, die den Stil formt). Eine Kommission entscheidet schließlich noch einmal individuell, ob ein Großes Gewächs den Anforderungen des VDP entspricht, oder nicht. Dabei gilt, das sollte nicht vergessen werden, das Ein-Wein-Prinzip, was bedeutet, dass es immer nur einen Wein aus einer klassifizierten Lage gibt. Wenn im Ruppertsberger Reiterpfad ein Großes Gewächs entsteht, darf dort kein anderer trockener Wein als Ruppertsberger Reiterpfad bezeichnet werden.

So viel also zum Hintergrund und zum Qualitätsanspruch jener Weine, die ich in den letzten Tagen probieren durfte. Wie schon angesprochen, repräsentieren die 202 Mitgliedsbetriebe des VDP nur einen kleinen Teil der deutschen Winzerschaft. Allerdings sind es die, die in der Weinwelt, und vor allem im Ausland einen überdurchschnittlich großen Teil der Aufmerksamkeit bündeln. Wer bei den großen ausländischen Importeuren schaut, wird nicht nur, aber vor allem einen Teil dieser Winzer finden. Im internationalen Kontext muss sich ein Großes Gewächs entsprechend mit anderen Grand Cru wie beispielsweise jenen aus dem Burgund messen lassen. Die Aufmerksamkeit für trockene deutsche Spitzenweine ist allerdings noch nicht so hoch, wie die für die ungleich berühmteren Riesling-Kabinette, Spätlesen und Auslesen. Dass hier großartige Burgunder entstehen, ist mittlerweile auch deutlich geworden. Für den trockene Riesling erhofft man sich nicht zuletzt durch die Großen Gewächse eine ähnliche Aufmerksamkeit.

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Hier geht es zu den Früh- und Spätburgundern

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