In Neuseeland – Teil 1: Auckland und Waiheke Island

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Spätestens wenn man in einem Flugzeug von Air New Zealand sitzt, die vorgesehene Reisehöhe erreicht und vor dem Essen der Aperitif gereicht wird, wird klar, welche Bedeutung der Weinbau für dieses Land besitzt. Air New Zealand betreibt einen eigenen Wein-Wettbewerb und die Gewinner dieser Weine findet man dann in den verschiedenen Klassen der Airline wieder. Auf dem insgesamt 30-stündigen Flug nach Auckland, Neusselands Metropole (aber nicht Hauptstadt, das ist dort in etwa so wie früher bei uns Bonn und Berlin), habe ich letztlich alle Weine durchprobiert, die bei mir im Angebot waren. Und sie bilden sehr gut die Mittelklasse und das Typische dessen ab, was weltweit populär ist: leicht exotischer Sauvignon aus Marlborough, frischer Chardonnay aus Hawke’s Bay (hat mir am besten gefallen und war von Babich), die für Hawke’s Bay ebenfalls typischen Bordeaux-Cuvée und schließlich Pinot Noir, in diesem Fall etwas zu weich und holzbetont. Was im Angebot noch fehlte war Syrah, aber das wird sich irgendwann ändern. Dafür allerdings gab es neben Allerweltsbieren ein Hop Rocker Pilsener von Mac’s. Mac’s trifft man hier überall und zurecht. Unter den Craft-Beer-Herstellern ist er der größte und das Bier ist gut (und ökologisch).

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Ich reise die nächsten zwei Wochen auf Einladung der NZ Wine, des neuseeländischen Weinbauverbandes durch das Land. NZ Wine hat mir nach meinen Wünschen die Reise geplant und die habe ich nun angetreten. So gibt es also mit einer gewissen Zeitverzögerung einen aktuellen Einblick in die neuseeländischen Weinszene. Der Terminplan den ich gewählt habe, ist voll, so wird es hier und da mehr Fotos als Berichte geben. Zudem werde ich einige Podcasts aufnehmen. Schließlich gibt es hier eine ganze Reihe deutscher und deutschsprachiger Winzer und ich möchte gerne wissen, weshalb (kann ich mir schon denken),  und wie sie hierher gefunden haben.

Da es wenig Sinn macht, an einem Sonntag nach 30 Stunden Flug direkt die erste Winery zu besuchen, gab es den ersten und einzigen freien Tag. Den habe ich genutzt um die 1.5 Millionenstadt ein par Kilometer zu Fuß zu erkunden um ins Nationalmuseum zu gehen.

Neuseeland ist eine junge Nation. Das Land wurde von europäischer Seite aus von Abel Tasman entdeckt und von James Cook Mitte des 18. Jahrhunderts erforscht. Doch das Land war natürlich nicht leer. Neben einer Reihe flugunfähiger Vögel, die bis heute damit klar kommen müssen, dass die Europäer in ihrer oft grenzenlosen Arroganz zunächst Kaninchen zum Jagen eingeschleppt haben und dann Raubtiere, um der Kaninchenpopulation Herr zu werden, waren da die Maori, die schon Jahrhunderte vorher von Polynesien aus kommend das Land in Teilen besiedelt hatten. Und natürlich hat man die Maori genau so arrogant behandelt wie Aborigine, Inka, Maja, Sioux usw. So hatte es Kriege gegeben, die der Commenwealth letztlich für sich entschieden hat. Und es hat lange gedauert, bis die Maori zumindest in Teilen eine Gleichberechtigung erfahren haben. Wunderbar fand ich die Vorführung der Maori im Nationalmuseum. Ich habe lange gezögert, ob ich das mitmachen soll. Das hat ja unterm Strich doch gerne etwas sehr Peinliches, denn verstehen tut man von der Kultur eigentlich nichts und das bekommt dann so etwas von einem Eingeborenenspektakel. Aber mitnichten. Die Gruppe der Maori, die ihre Tänze im Museum aufführen und ihre Waffen etc. erklären, tun das mit einer so wunderbar liebevollen spöttischen Distanz, dass ich glücklich war, dabei gewesen zu sein. Wer übrigens ein wenig den Nationalstolz, die Spiele der Rugby-Mannschaft Neuseelands verfolgt, bekommt einen Eindruck davon, dass europäisch-stämmige Neuseeländer und Maori durchaus zusammengerückt sind.

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Die Reise bietet mir aus Zeitmangel wenig Gelegenheit, das Land auf eigene Faust zu erkunden und so war der Sonntag eine der wenigen Möglichkeiten. Ich habe mich nach dem stundenlangen Gang durch die Stadt schließlich in einem quirligen Viertel an der Ponsonby Road niedergelassen. Ich hatte natürlich im Vorfeld ein paar Foodblogs konsultiert und mich schließlich für die Revelry Bar entschieden. Im Angesicht zweier Wochen voller Wein gab es Bier. Die Bierszene  in Neuseeland ist übrigens mindestens so engagiert wie bei uns. Vor wenigen Jahren noch gab es eigentlich nur zwei Fernsehbier-Brauereien und mittlerweile dutzende kleinere und größere Craft-Beer-Breweries. In der Revelry Bar habe ich mich nach einem ersten Erfischungs-Bier in der Plüschecke  für Yellow Fin Tuna mit einem Keffir-Limetten-Schaum entschieend und dann das Meat Board genommen – zusammen mit einer Kreuzkümmelmayonnaise und Reduktionen vom Lamm und Hühnchen. Ziemlich gut und ziemlich viel.

Revelry

Waiheke Island
Auckland hat ein paar Hochhäuser downtown und rundherum mischen sich die Betonbauten ziemlich unvermittelt mit einigen alten, seltenen Gebäuden aus der Kolonialzeit. Eines der ältesten stammt aus dem frühen 19. Jahrhundert. Ziemlich prägnant ist dann auch das Haus am Fährterminal, von dem aus es am nächsten Mittag (der Morgen habe ich im Büro des Weinverbandes verbracht) Richtung Waiheke Island ging. Waiheke gehört zu einer Gruppe kleinerer Weinbaugebiete um Auckland, die zusammen 343 Hektar ausmachen. Die Insel war früher eine Hippie-Kommune und wenn ich aussteigen wollen würde, wäre das kein schlechter Ort. Die Insel liegt eine Dreiviertelstunde von Auckland per Fähre entfernt und der Ort, wo ich hinwollte noch einmal so lange mit dem Auto. Ziel war Man O’ War. Man O’ War hört sich an wie eine Heay-Metal-Band und so ein bisschen die richtige Statur hat der CEO und Weinmacher Duncan McTavich auch. Doch statt Musik wird hier Wein gemacht. Die Besitzerfamilie hat hier noch lange vor dem Sauvignon-Blanc-Boom zu Beginn der Achtziger eine ganze Menge Land gekauft (dürfte nicht viel gekostet haben damals). Sie haben dem Weingut deshalb den martialischen Namen gegeben weil die Bucht so heißt. Und die wiederum hat den Namen nach dem Schiffstypus erhalten, mit dem James Cook unterwegs war. Der ist nämlich in der Bucht vor Anker gegangen, sah die hohen Kauri-Bäume und war der Ansicht, dass sie hervorragende Masten für seine Man O’ Wars abgeben würden. Heute stehen in der Bucht neben dem etwas abseits gelegenen unscheinbaren Betriebsgebäude ein par schwarze Hütten mit Küche, Shop und Verkostungsbereich. Die meisten Leute kommen per Boot zur Winery, denn sie ist nicht Teil der Route der meisten Weintouristen, die hier in Scharen per Bus über die Insel gefahren werden.

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Man O’ War ist anders. Das merkt man schon beim ziemlich ambitionierten Schaumwein nach Méthode traditionelle. Der Chardonnay für den Zero Dosage Blanc de Blancs wurde im alten Holz vergoren, aber so kühl, dass er keine malolaktische Gärung mitgemacht hat. Neun Monate hat er bis zum Degorgieren in der Flasche verbracht. Das Ergebnis dieses ersten, offiziellen Jahrgangs (2012) des Tulia Blanc de Blancs kann sich sehen lassen. Das ist eine angenehme Kombination aus Frucht (Weinbergspfirsich, Apfel, etwas Grapefruit), Haselnuss und Mandel und Crème.

Es folgt der nächste Wein. Duncan McTavich: So, und jetzt unser Sauvignon Blanc. Ich: Sauvignon Blanc? Echt jetzt? Und er so: Weißt Du, wenn der gesamte Weinbau eines Landes zu 75% Sauvignon Blanc ist, kannst du schlecht darauf verzichten. Ok, geschenkt. Interessanter dann schon die typische Bordeaux-Kombination aus Sauvignon Blanc und Sémillon namens Gravestone mit einer angenehmen Cremigkeit am Gaumen und viele Guave-Frucht. Besonders gelungen ist für mich der Chardonnay namens Valhalla (die haben dort schon ein Händchen für düstere Romantik). Der Chardonnay hat 20 % neues Holz und der Rest ist mehrjährig. Genutzt werden 500-Liter-Fässer aus Eiche und Akazie. Was hier auffällt, und das zieht sich dann auch konsequent durch die ganze Linie, ist der zurückhaltende Einsatz von Holz, die elegante und nie vordergründige Frucht sowie der unbedingte Wille, die Frische im Wein zu halten. Der Chardonnay hat leider 14,5% Alkohol, die man allerdings zunächst einmal überhaupt nicht spürt (bei drei Gläsern dürfte das dann anders sein). Besonders gelungenist die rauchige und flintig-reduktive Note dieses Chardonnay, der auf zwei ganz unterschiedlichen Böden wächst: Kalk und Vulkangestein.

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Insgesamt stehen auf dem 1.800 ha großen Gelände, das zu Man O’ War gehört, neben Schafen und Black-Angus-Rindern 76 so genannt Blocks, also kleine Weinberge mit insgesamt ca. 60 Hektar. Alle liegen in Meeresnähe und manche sogar – und das ist ziemlich einzigartig – auf einer vorgelagerten Insel, die manchmal auf Grund komplizierter Strömungen und Gezeiten ein, zwei Wochen nicht zu erreichen ist. Auf Ponui, so der Name der Insel, steht ein Teil des Materials für die Bordeaux Blends, und im Falle des Warspite sogar das gesamte Material. So traten auf dem Verkostungstisch der 2010er Ironclad und der 2012er Warspite gegeneinander an. Beide sind nach historischen Kriegsschiffstypen benannt, beides sind Bordeauxblends. Während Ironclad aus 45 verschiedenen Blocks, vor allem aus Waiheke zusammengesetzt wird (Cabernet Franc 39%, Merlot 30%, Cabernet Sauvignon 18%, Malbec und Petit Verdot zusammen 13%) und in 25% neuem Holz ausgebaut wird, sind es beim Warspite 45% neues Holz und 60% Cabernet Franc und je 30% Merlot und Malbec. Entsprechend völlig unterschiedlich sind die Weine. Beide eint, dass das Holz klar im Hintergrund steht, beide eint, dass es eine gewisse Grundwürze gibt und beide eint auch der vorhandene Alkohol. Auch wenn man ihn, wie beim Chardonnay überhaupt nicht merkt. Aber trotzdem, 15% sind eine klare Ansage. Ironclad ist der dunkle, blau- und schwarzfruchtigte Wein mit viel Cassis, Warspite der rotfruchtige mit einer Traminernote und einer unglaublichen Bandbreite an Gewürzen. In Maßen genossen ein fantastischer Wein.

Wirklich beeindruckend aber war das, was dann folgte: Der Bellerophon Syrah/Viognier aus dem Jahr 2014 und der Dreadnought Syrah aus dem Jahr 2011. Dreadnought stammt aus dem kühlen und feuchten Jahr 2011, das dem Team im Weinberg extrem viel Arbeit abverlangt und zu einer kleinen Ernte geführt hat. Wer denkt, Neue Welt wäre immer mehr oder wenig Laissez Fair und das Wetter immer gut (ich höre das immer noch häufiger), wird natürlich schnell eines Besseren belehrt. Im Keller wurde der Syrah entrappt und spontan vergoren, ohne den Syrah anzupressen. Der Wein gärt in 30 % neuem und 70 % altem Holz und geht irgendwann durch eine malolaktische Gärung. Was hier direkt klar wird ist, dass diese Weine, die in Neuseeland Syrah genannt werden und nicht Shiraz, wie im benachbarten Australien, auch Syrah sind und in Ihrer Feinheit und Luftigkeit deutlich an Nord-Rhône erinnern und überhaupt nicht an die fetten Schnecken aus Südaustralien. Dreadnought bringt eine süße, auf den Punkt reife Frucht, Pfeffer, Veilchen, rohes Fleisch, Zimt und andere Gewürze. Die Tannine sind ausgesprochen fein, die Säure ziemlich perfekt. Das ist extrem gelungen und erinnert mit seiner Kraft an Hermitage, während der  2014er Bellerophon deutliche Parallelen zur Côte Rôtie aufweist. Es ist übrigens der teuerste Wein und kostet beim deutschen Importeur 36.99 Euro, was für den Gegenwert ganz eindeutig angemessen ist. 4% Viognier bringen eine Leichtigkeit und zusätzliche Frische und eine florale Note, die einfach wunderbar ist. Der Wein schwebt förmlich. Die Rebsorten wurden zusammen vergoren und nur teilweise entrappt. Das Aromenspektrum reicht von roter Frucht und Veilchen über Süßholz und Rauchfleisch hin zu weißem Pfeffer. Wunderbar. Zumal plötzlich Lamm von den eigenen Herden, eigenes Olivenöl und die besten Tomaten auf dem Tisch standen, die ich seit Jahren gegessen habe. Und das, während der Blick über das grüne Wasser der Bucht schweift.

In Neuseeland:

Teil 1: Auckland, Waiheke und die Bucht von Man O’ War

Teil 2: Einige erste Gedanken zum neuseeländischen Weinbau

Teil 3: In Hawke’s Bay

Teil 4: In Hawke’s Bay bei Craggy Range und Elephant Hill

Teil 5: In Hawke’s Bay bei Trinity Hill und Sileni

Teil 6: In Martinborough bei Ata Rangi

Teil 7: In Martinborough und Gladstone

Teil 8: In Nelson bei Woollaston und Neudorf

Teil 9: In Marlborough, Johanneshof, Greywacke, Dog Point

Teil 10: In Marlborough, über Sauvignon Blanc, einen Besuch bei Yealands und die Nachhaltigkeit

Teil 11: In Marlborough mit Framingham und Seresin

Teil 12: In Marlborough mit Huia, Hans Herzog, Fromm

Teil 13: In Marlborough mit Clos Henri, Te Whare Ra und Rockferry

Teil 14: A Day Off (Von Marlborough nach Canterbury)

Teil 15: In Canterbury, Pegasus Bay

Teil 16: In Canterbury, Black Estate, Pyramid Valley

Teil 17: In Central Otago, Rippon, Quarz Reef

Teil 18: In Central Otago, Burn Cottage und Felton Road

Teil 19: Ein Fazit

 

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Die Reise erfolgte auf Einladung und wurde mit mir und nach meinen Wünschen hervorragend organisiert von: nzwine-2x

29 Kommentare

  1. Jan R.

    Wow. Mich packt das Fernweh. Hört sich nach einem Fest für alle Sinne an. Freue mich schon auf den nächsten Bericht…:)

  2. Jörg

    So, so, Neuseeland … Das gönne ich Dir, mein Lieber. Mit der jahrelangen beharrlichen Veröffentlichungsarbeit haste Dir das verdient. Nur um das erstaunliche Rotorua musst Du nun wohl einen Bogen machen, wenn Du auf Weinreise bist. Da riechst Du vor lauter Schwefel keinen Wein mehr. Weiterhin gute Reise!

  3. Hallo Herr Raffelt,

    das ist ein toller Bericht. Da läuft uns ein angenehmer Schauer über den Rücken. 😉 Meine Frau Petra und ich haben von 2012-2014 in Auckland gelebt von dort aus unsere Neuseeland Weinboutique aufgebaut. Seit März 2014 sind wir in Deutschland zurück und etablieren zusätzlich unter unserem Firmennamen vinabonus einen Großhandel für neuseeländische Weine. Wir Sie vermutlich gehört haben, vertreiben wir – unter anderem – auch Weine von Man O´War in Deutschland und Österreich. Besuchen Sie auch die ProWein? Wir sind auf dem Stand der New Zealand Winegrower in Halle 9 Stand D42 am Tisch von Seresin Estate und Waimea Estate zugegen. Es würde uns sehr freuen, wenn wir uns dort einmal persönlich kennenlernen würden. Mit herzlichen Grüßen Hilmar Naubert

  4. Lieber Herr Naubert, vielen Dank. Ja, wir werden uns sicher sehen, ich komme vorbei. herzliche Grüße, Christoph Raffelt

  5. Hallo Herr Raffelt, prima, wir freuen uns. Es finden ja einige Veranstaltungen am Stand statt, die sie sicherlich interessieren werden.

    Das Programm ist umfangreicher als jemals zuvor und die Teilnahme lohnt sich wirklich. Die Teilnehmerzahlen sind auf 20 Teilnehmer pro Session begrenzt.

    Bitte melden Sie uns daher bis zum 19.2.2015 an welchen Veranstaltungen Sie gerne teilnehmen möchten oder vereinbaren Sie einen Termin mit uns direkt.

  6. Lieber Herr Naubert, da ich hier gerade zwei Wochen Veranstaltung an einem Stück habe, werde ich meinen Fokus auf der ProWein anders setzen. Aber ich werde sicherlich vorbeikommen. herzliche Grüße, Christoph Raffelt

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