Angeliolino Maules 2008 Veneto-Cuvée ungeschwefelt

Wenn wir über die frühe Naturweinszene in Italien reden, dann fallen oft zwei Namen wegweisender Winzer. Der eine ist Josko Gravner, der ander Stanko Radikon. In der Aufzählung fehlt meist ein weiterer Winzer, der definitiv zur ganz frühen Szene gehörte, es aber nicht zu ähnlichem Ruhm gebracht hat, unter Kennern aber sehr angesehen ist. Es ist Angiolino Maule. Der hat zusammen mit seiner Frau Rosamaria Ende der 1980er Jahre das Weingut La Biancara in den Hügeln von Sorio de Gambellara mit rund sechs Hektar Land erworben – irgendwo zwischen Vincenza und Verona. Beide waren vorher Pizza-Bäcker, weinbegeistert und wollten viel stärker im Einklang mit der Natur leben, als sie das vorher gemacht haben. Die beiden haben vier Söhne und zwar Francesco und Alessandro, die schon lange im Weingut mitarbeiten, sowie Giacomo und Tommaso.

Den Wein, den ich nun recht lange im Keller liegen hatte, ist der 2008er Sassaia. Der wurde 1988 zum ersten Mal gefüllt und ist der erste Wein des Weinguts. Es ist eine Cuvée mit 85 % Garganega und 15 % Trebbiano. Was damals, also im Sommer 2009 noch völlig ungewöhnlich war, war die Angabe aller Parameter des Weines. So kann man auf dem Rückenetikett nicht nur den Alkoholgehalt lesen (12,5 %), sondern auch die flüchtige Säure (0,8 g/l), die Gesamtsäure (5,3 g/l), den Trockenextrakt (18 g/l), den Restzucker (1,8 g/l), den pH-Wert mit 3,35, sondern auch den Gesamtschwefelgehalt von 13 mg/l. Ausgebaut wurde der Wein nach spontaner Vergärung im 30-Hektoliter-Holzfass ohne Temperaturkontrolle. Vor der Füllung wurde nicht filtriert, geschönt oder Schwefel hinzugegeben. Die Flasche wurde mit Korken verschlossen.

Diesen Wein besitze ich wahrscheinlich seit 2010. 2012 habe ich hier im Blog schon einmal über eine Flasche geschrieben. Diese Flasche – ich habe noch zwei andere – lag die meiste Zeit im Keller, ist dann aber irgendwann in die eigentlich etwas zu warme Garage verlegt worden und im Februar ist sie auf die Terrasse gewandert, weil ich sie eigentlich schon viel früher öffnen wollte. Sie hat also in den letzten zwei bis drei Jahren und vor allem seit Februar keine optimalen Bedingungen mehr gehappt.

Heute habe ich sie nun geöffnet und ich muss sagen, dass ich nicht nur überrascht bin, sondern eigentlich total begeistert. Denn dieser Wein wirkt kaum gereift. Das Einzige, was man hier an Reife feststellen kann, ist eine gewisse Gelassenheit in der Würzigkeit des Weines. Ansonsten ist dieser hefetrübe Wein lebendig und tänzelt geradezu auf der Zunge. Im Duft erinnert er an Kräuter, Hopfen, getrocknete Blüten, etwas Hefe, Apfelschalen und etwas Grapefuit. Schon in der Nase wirkt der Wein frisch, am Gaumen aber ist das begeisternd, wie präsent dieser Wein ist. Hier zeigt sich eine lebendige Säure, die durchaus einen angenehmen Druck an den Gaumen bringt. Die Kräuternoten sind präsent, auch der Hopfen. Der Sassaia zeigt einen leichen Grip am Gaumen. Textur ist hier angesagt. Der Verzicht auf Filtration zahlt sich zudem aus, indem die Cuvée faszinierende Cremigkeit bietet wie bei einem alten Col’ Fondo aus dem Prosecco. Der Sassaia bleibt bis ins Finale frisch, lebendig, kräuterwürzig und überaus lebendig. Das ist beeindruckend und zeigt, dass ungeschwefelter Wein durchaus reifen kann, wenn man weiß, wie es geht und sauber arbeitet.

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