Weine des Südens (1) – Languedoc und Roussillion

Es passiert immer wieder, dass ich auf diesem Blog ins Schwelgen gerate über den französischen Süden. Dabei hat dies viel mit verblassenden Erinnerungen zu tun, viel zu lange war ich schon nicht mehr dort. Immer wieder nehme ich mir vor, mal wieder für einige Zeit durch Languedoc und Roussillion zu reisen, und dann wird doch wieder nichts draus.

Allerdings gibt es manchmal Ersatzhandlungen. Diese besänftigen zwar nur kurzfristig die Sehnsucht, können aber für einen Abend glücklich machen. Speziell wenn dieser Ersatz mit gutem Wein zu tun hat. Wir haben uns kürzlich auf die Suche begeben nach gutem Wein aus den oben genannten Gebieten und haben spannende und zweifelhafte Errungenschaften gefunden. Wirklich glücklich sind wir erst zum Schluss geworden, aber das reicht ja im Zweifel, wenn man mit einem Lächeln auf den Lippen in die Federn sinkt.

Grenache Noir und Grenache Gris, Carignan und Cinsault, Syrah und Mourvèdre sind also die Rebsorten, die uns den Abend versüßen sollten und wir waren auf der Suche nach authentischen Weinen. Also Weinen, die von alten Reben stammen und weitgehend traditionell verarbeitet werden, im Zweifel werden dies kantigere Weine sein die nicht den weichen, runden, eher internationalen Stil pflegen. Und wir wollten wissen, ob uns das überhaupt gefällt.

Le Lolo de l’Anhel 2008 startet genau mit dieser Kantigkeit und Kraft. Schon im Glas ist dieser Wein undurchdringlich dicht zwischen dunkelviolett und schwarz, eine Grenache-Mourvèdre-Schwärze die nach Erde und nach Kräutern riecht. Dazu kommt der Duft fetter, vollreifer dunkler Früchte. Rustikal wirkt der Wein, mit etwas ruppigen Tanninen, gleichzeit birgt er eine ganz angenehme Frische. Je länger die Flasche geöffnet ist, desto stärker wird ein gewisser teeriger Moderton, der sich auch im Geschmack wiederfindet.

Clos de l’Anhel ist eine ehemalige Schaffarm (Anhel heißt im Okzitanischen Schaf), liegt ganz in der Nähe des ehemaligen Benediktiner-Klosters Lagrasse im Tal der Orbrieu gegenüber der Montagne d’Alaric. Carignan, Syrah, Grenache und Mourvèdre werden von Sophie Guiraudon bio-dynamisch bewirtschaftet und im Holz ausgebaut.

Das Château Pech-Redon gehört mit zu den ersten Weingütern, die ich überhaupt im La Clape besucht habe. Christoph Bousquet macht hier seit Jahren traditionelle, feine Weine. Seit 2004 ist Bousquet nach ECOCERT zertifiziert. Im Frühjahr diesen Jahres wurde er Opfer eines Anschlags. Genau gesagt hat man über Nacht seinen gesamten Fassbestand geleert, so dass mehrere Jahrgänge vernichtet wurden. Drüben beim Bacchantus steht mehr darüber.

Der 2008er, den wir im Glas hatten hat uns allerdings nicht sonderlich überzeugt. Zumindest nicht zum jetzigen Zeitpunkt. In der Nase zunächst frisches UHU mit deutlichem Garrigueanteil. Dazu etwas süße Frucht, Nelken und andere orientalische Gewürze.  Am Gaumen wirkt er massiv sperrig und jung. Die Geschmackskomponenten aus Frucht, Gewürzen und Tanninen finden sich nicht. Es gibt keine Balance und Eleganz und je länger der Wein geöffnet ist, desto stärker, ja übermächtig wird die Gewürzkomponente.

Diese Gewürze finden sich auch im Navis der Domaine Mas d’Agalis, ein Vin de Pays du Coteaux du Saladou. Lionel Maurel bewirtschaftet hier seit 2006 3,5 Hektar alten Syrah, Grenache und Carignan. Und es ist erstaunlich, was man in so kurzer Zeit hinbekommen kann denn der Navis ist von 2007 und ein toller Wein.

Die Nase schon ist sehr verführerisch, weich und fein mit einem Touch geschnittenem Holz, Maggikraut, Süße und Gewürzen. Auch am Gaumen gibt es viele orientalische Gewürze, Frische und Saft und ein schönes Tannin. Ganz zum Schluss kommt eine leichte Bitternote. Je länger der Wein offen ist desto stärker findet sich eine Orangenlikör-Note im Wein. Ich finde, dieser Wein ist eine schöne Entdeckung.

Das würde ich auch für den zweiten Wein im Flight sagen obwohl dieser ganz, ganz anders ist. Weniger dicht und typisch für die Region. Da fehlen sowohl die Gewürze als auch die schweren Früchte. Hier sind es Sauerkirschen und zwar jede Menge, die den Wein ausmachen. Und auf die Nase kann man nicht setzen. die bleibt sehr zurückhaltend, und wenn, dann finde ich auch hier eher etwas leicht teerig-Modriges neben den Sauerkirschen. Three Trees heißt der Wein, und wenn ich auf das Etikett schaue, habe ich eher das Gefühl, eine Flasche Sake in der Hand zu halten, so kalligraphisch ist das Etikett gehalten.

Der Wein stammt von den Neuseeländern Tom Lubbe und Sam Harrop denen eigentlich die Domaine Matassa gehört. Auf dem Rückenetikett hier allerdings ist von der Domaine de Majas die Rede, was aller Wahrscheinlichkeit nach die Schwesterdomaine von Matassa ist. Definitiv hat Tom Lubbe den Wein gemacht, denn das steht hinten drauf. Dieser hat einst in der Domaine von Gérard Gauby gelernt hat (nachdem er vorher schon in Swartland, in Südafrika gelernt hatte) um danach dessen Schwester zu heiraten und sich im Süden Frankreich niederzulassen. Die Weine werden auf der Domaine bio-dynamisch angebaut und in ganz eigenem Stil ausgebaut, sprich, Lubbe beläst den Traubenmost während der alkoholischen Gärung nur kurz im Kontakt mit den Traubenhäuten. Entsprechend hat der Wein deutlich weniger Extrakt und Gerbstoffe als sämtliche andere Weine des Abends. Der Wein von Carignan- und Grenache-Reben wirkt sehr frisch mit einer gehörigen Sauerkirsch-Komponente und Fruchtsäure. Wir fanden sie sehr angenehm, auch wenn sich die Säure im Laufe des Abends etwas verselbständigt hat und weniger gezähmt wirkte als zu Beginn.

Der weiße Three Trees hatte übrigens nicht viel mit der Beschreibung zu tun, die ich wiederum bei Bacchantus gelesen habe. Bei uns wirkte der Wein relativ matt und hat mir praktisch nichts gesagt.

Was zustande  kommt wenn sich eine Brasilianerin und ein Bretone treffen um Liebe und Wein zu machen, oder besser, um mit Liebe Wein zu machen, fanden wir im Amassa 2007 der Domaine Ribiera. Die beiden trafen sich zunächst in Paris in der Gastronomie, wanderten dann irgendwann in die Nähe von Clermont l’Herault aus um dort ein Restaurant zu gründen um dann später auch noch ein 6.5 Hektargut zu bewirtschaften. Die Weine werden ohne Chemie hergestellt und kommen ungefiltert in die Flasche.

Der Amassa riecht klassisch traditionell. Von Duft kann man bei diesem Gemisch aus Stall und Teer zunächst nicht sprechen. Im Mund wirkt der Wein zunächst weich und süß und massiv, lauter Attribute vollreifer dunkler Früchte, dann kommen die Tannine um die Ecke und der Wein legt die Mundhöhle erst einmal trocken, so astringierend ist er. Zum Schluss findet sich ein leicht störend wirkender Bitterton in einem insgesamt schönen Wein, der vom Mundgefühl her zum zweiten Wein im Flight passte.

Der Emotion 2006 von der Domaine Montplezy in der Côte du Thongue gelegen, beinhaltet noch mehr Gerbstoffe, die den Mund noch stärker austrocknen lassen als der Amassa. In der Nase fand ich Schokolade und Rumtopf, de facto wirkt der Wein in der Nase fast aufgespritet wie Banyuls. Im Mund finden sich dann glücklicherweise eher frische Sauerkirschen und die Süße, die wir im Duft fanden fehlt am Gaumen. Über die Massivität an Gerbstoffen allerdings kommt der Wein nicht hinweg, nicht am ersten Tag und auch nicht am zweiten. Erst am dritten wirken diese gemildert, dafür sind die Früchte aber nicht mehr frisch.

Mittlerweile sind wir bei 14,5% Alkohol angelangt, der erste Wein in der letzten Gruppe lag auf gleicher Höhe, der zweite musste schließlich 15% bändigen. Was er geschafft hat. Der Mas Karolina Roussillon Villages 2005 von Caroline Bonville ist nur in einem eingeschränkten Maße so massiv, wie sein Alkoholgehalt vermuten lässt. In der Nase findet sich rote Frucht, Kräuter und vor allem Blütenduft und Veilchen mit leichter Klebstoffkomponente. Eher unaufdringlich wirkt dieser Wein, dessen Macherin aus dem Bordelais stammt wo sie auf Château Marac ebenfalls Wein macht. Der Wein wirkt entsprechend auch nobler und kühler als die eher ursprünglich wirkenden Weine der vorherigen Gruppen. Der Grenache Noir dieser Assemblage stammt vom schwarzen Mergel in Maury, Syrah vom Granit in Lesquerde und Carignan vom Schiefer in Rasiguères. Zusammen ergeben sie einen bei aller Wucht feinen Wein voll süßer Frucht und jeder Menge Mocca- und Schokoladenaromen. Er erinnert mich durchaus an guten Priorat, vor allem am zweiten Abend, wo sich der Wein gesetzt hat und noch ausgeglichener wirkt. Lustvoll ist dieses Kraftpaket und bei aller Opulenz immer mit genügend Kühle ausgestattet.

Der Partner des Mas Karolina war der Côtes de Roussillon Villages Mas de la Devèze 2005. Auch dieser Wein stammt von einem Zugereisten. Einem, der nach erfolgreichem Business zunächst mit Wein gehandelt hat um dann zusammen mit seiner Frau das Weinmachen in Beaune zu studieren und bei Henri Jayers im Vosnée-Romanée zu lernen. Mit diesem Wissen ist Olivier Bernstein nach Tautavel gegangen wo er mittlerweile 15 Hektar Ton-, Lehm- und Schieferböden kultiviert. Der Mas entsteht aus 30% alten Syrah-Reben und uralten Grenache-Reben, die im alten Barrique und Tonneaux ausgebaut werden. Dass dieser Mann im Burgund gelernt hat, merkt man und er muss ähnliche Vorlieben haben wie Thomas Teibert mit seiner Domaine de l’Horizon, die ich kürzlich schon beschrieben habe.

Das ist Burgund im Süden, voller Eleganz, feiner Frucht, Gewürzen, Leder, Teer und Lakritzen und einer herrlichen Ausgeglichenheit, zwischen der diesen Weinen naturgemäß innewohnenden Kraft und Wucht und den ausgezeichnet eingebundenen Tanninen, der Kühle und Länge. Ein großartiger Abschluss.

4 Kommentare

  1. Sind ja ein paar echte Lieblingsweine dabei…
    Einige der genannten, gerade auch der Pech Redon brauchen meiner Meinung nach viel Luft, und sind oft Stunden später deutlich zugänglicher.
    Neulich noch mal einen weissen three trees gehabt und kann die Mattigkeit nicht bestätigen. Vielleicht lags an der Flasche?
    Mas de la Devèze ist ein Hammerteil…

    Lieben Gruß vom Baccantus-Weinblog-Nachbarn 🙂

  2. Wir haben allen Weinen Luft gegeben und einen ganzen Abend und zwei darauf folgende Abende Zeit. Aber der Pech-Redon ist leider nicht besser geworden. Ich kenne auch deutlich besser Weine von diesem Weingut.

    Beim Three Trees mag es sein, dass es an der Flasche lag, der Weiße war wirklich gar nix.

    liebe Grüße zurück nach Konstanz!

  3. Da habt ihr vielleicht einfach ein schlechtes Jahr erwischt.
    Wer weiß…

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